Die Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick von Berlin möge beschließen:

Das Bezirksamt wird ersucht, bei der Aufstellung des Bebauungsplanes 9-79 („Nordwestliche Paradiesstraße“) dafür Sorge zu tragen, dass auch künftig mindestens ein Nahversorger und zusätzlich ein weiterer Einzelhändler dauerhaft auf dem Plangebiet verbleiben können. Dazu sollten die im Aufstellungsbeschluss beschriebenen Ziele des Bebauungsplans, wonach zentren- und nahversorgungsrelevanter Einzelhandel im Plangebiet ausgeschlossen werden soll, geändert werden.

Begründung:

Nach den im Aufstellungsbeschluss genannten Zielen des Bebauungsplanverfahrens 9-79 („Nordwestliche Paradiesstraße“) soll zentren- und nahversorgungsrelevanter Einzelhandel im Plangebiet ausgeschlossen werden. Die Begründung zur Einleitung des Planaufstellungsverfahrens spricht ausdrücklich davon, dass „zum Schutz und zum Erhalt der Funktionsfähigkeit des Nahversorgungszentrums Grünau Nutzungsbeschränkungen hinsichtlich der allgemein zulässigen Einzelhandelsbetriebe getroffen werden“ sollen (Anlage 2 zur BA-Vorlage, S.1).

Dieser Ausschluss wird weiterhin damit begründet, dass „die Gebietsversorgung über die im gegenüber liegenden Neubauareal bestehenden Flächenoptionen ermöglicht wird“ (Anlage 2 zur BA-Vorlage, S.4). Auch wenn das vorrangige Planungsziel der Sicherung von Gewerbeflächen begrüßenswert ist, erweisen sich die vorstehenden Erwägungen zum Ausschluss von zentren- und nahversorgungsrelevantem Einzelhandel als nicht tragfähig.

Die Einrichtung des bislang vorgesehenen Nahversorgers ist erforderlich, um eine wohnortnahe Nahversorgung sicherzustellen. In der Johannes-Tobei-Straße sind in den letzten Jahren umfangreiche Wohnbauprojekte realisiert worden, so dass dort praktisch ein komplett neues Wohnquartier entstanden ist.

Für dieses Wohnquartier existiert derzeit kein Nahversorger. Vielmehr erreichen die Bewohner den nächstgelegenen Nahversorger erst nach ca. einem Kilometer Fußmarsch. Die Begründung zur Einleitung des Bebauungsplanes spricht selber davon, dass das Nahversorgungszentrum Grünau erst in 1,5 km Entfernung erreichbar ist. Diese Entfernung ist für die fußläufige Bewältigung des Wocheneinkaufs definitiv zu weit. Es ist daher anzunehmen, dass diese Wege gerade nicht zu Fuß zurückgelegt werden,

IX/0730 Antrag vom: 09.04.2024 Seite: 1/2
sondern dass insbesondere die Bewohner der Johannes-Tobei-Straße für den Einkauf auf die Nutzung des eigenen Autos zurückgreifen.
Die vom Stadtentwicklungsplan 2030 geforderte und angestrebte „wohnungsnahe Versorgung“ ist damit nicht gewährleistet.

Die dauerhafte Ansiedlung eines Nahversorgers auf dem Plangebiet des Bebauungsplans 9-79 („Nordwestliche Paradiesstraße“) ist daher zur Stärkung der Infrastruktur geboten.

Soweit in der Begründung zur Einleitung des Planaufstellungsverfahrens ausgeführt wird, dass „zum Schutz und Erhalt der Funktionsfähigkeit des Nahversorgungszentrums Grünau
Nutzungsbeschränkungen hinsichtlich der allgemein zulässigen Einzelhandelsbetriebe getroffen werden sollen“, ist das nicht nachvollziehbar. Eine Gefährdung des Nahversorgungszentrums „Taut-Passagen“ in Grünau ist auch bei Zulassung entsprechender Einzelhandelsbetriebe im Plangebiet nicht erkennbar.

Zum einen ist der Einzugsbereich eines möglichen Nahversorgers im Plangebiet nur in geringem Maße deckungsgleich mit dem der „Taut-Passagen“ und zum anderen kann davon ausgegangen werden, dass die Verdichtung der Bebauung und die damit verbundene Zunahme der Bevölkerungsdichte ohnehin zu einer erhöhten Nachfrage bei den bereits vorhandenen Nahversorgern führt. Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass in unmittelbarer Nähe des Nahversorgungszentrums Grünau derzeit umfangreiche Wohnbebauung im Rahmen des Bebauungsplans 9-55 VE umgesetzt wird. Allein hier sind 362 Wohnungen im Neubau und 83 Mini-Apartments im Bestand vorgesehen.

Die Kundenreichweite des Nahversorgungszentrums Grünau wird sich allein dadurch erheblich erhöhen. Sofern weitere Nahversorger ausgeschlossen werden, könnte hier auf absehbare Zeit eine Unterversorgung nicht ausgeschlossen werden.

In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass das aktuelle Einzelhandelskonzept des Bezirks Treptow-Köpenick aus dem Jahr 2016 stammt und somit aus einer Zeit als die Errichtung eines Großteils der zwischenzeitlich realisierten Wohnbauquartiere noch nicht absehbar war.

Die im Aufstellungsbeschluss angeführte Begründung, wonach „die Gebietsversorgung bereits über die im gegenüber liegenden Neubauareal bestehenden Flächenoptionen ermöglicht wird“, muss als realitätsfern zurückgewiesen werden. Die dort vorhandenen Gewerbeflächen genügen den Ansprüchen an einen modernen Nahversorger weder vom Flächenzuschnitt, noch von der Größe her. Es ist daher abwegig anzunehmen, dass sich dort Geschäfte des täglichen Bedarfs ansiedeln und auf Dauer halten können.

Nach alledem sind die Ziele des Bebauungsplanverfahrens entsprechend anzupassen. Zur Gewährleistung einer wohnungsnahen Versorgung und zur Verhinderung einer Unterversorgung sind ein Nahversorger und ein weiterer Einzelhändler im Plangebiet vorzusehen.