Geschichte sichtbar machen – Erinnerung an Carl Ludwig Frischen in Oberschöneweide
Die Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick von Berlin möge beschließen:

Das Bezirksamt wird ersucht, im Umfeld der heutigen Firlstraße in geeigneter Weise an den früheren Namensgeber der Straße Carl Ludwig Frischen zu erinnern.

Begründung:
Bei der Anlage des Straßennetzes in Oberschöneweide um 1896 erhielt der Verkehrsweg der heutigen Firlstraße zwischen An der Wuhlheide und Wilhelminenhofstraße den Namen Frischenstraße nach dem Elektrotechniker Carl Ludwig Frischen (1830 – 1890). Der Name erinnert an die elektroindustrielle Vergangenheit Oberschöneweides mit dem Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen
Akkumulatorenwerk, dem Elektrizitätswerk und dem Kabelwerk.

Im Zuge der Straßenumbenennungen in der sowjetischen Besatzungszone nach 1945 wurde die Straße formal 1948 nach dem kommunistischen Widerstandskämpfer, Stadtverordneten von Treptow und Opfer der NS-Diktatur Wilhelm Firl umbenannt. Der Name von Carl Ludwig-Frischen verschwand aus dem Straßenbild und der Erinnerung.

Carl Ludwig Frischen wurde als Sohn eines Warenakquisiteurs in Bremen geboren. In einer dortigen Maschinenfabrik erlernte er das Mechanikerhandwerk und studierte ab 1849 am Polytechnikum in Hannover Mechanik und Maschinenbau. Am 1. Juli 1851 trat er in den Dienst des elektromagnetischen Telegraphen der Königlich Hannoverschen Eisenbahn. Anfang 1854 wurde er Telegrafeningenieur. Im März 1854 erfand er ein Verfahren zum Gegensprechen auf Telegrafenleitungen. 1856 wurde er ausgezeichnet für die „beim Bau der neuen Telegraphenlinien geleisteten tüchtigen und angestrengten Dienste“.

Mit der 1864 von ihm entwickelten Ruhestromschaltung, die ein telegrafisches Gegensprechverfahren auf einer einzigen Leitung ermöglichte, machte er sich in Fachkreisen einen Namen. Mitte 1865 wurde er Vorstand der Königlichen Telegraphen-Inspektion. 1867 wurde er zum Ober-Telegrapheningenieur ernannt und an die Telegraphenverwaltung des 1866 gegründeten Norddeutschen Bundes in Berlin befördert.

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1868 bis 1870 war er im Auftrag von Siemens & Halske maßgeblich am Aufbau der rund 11.000 Kilometer langen indoeuropäischen Telegrafenlinie zwischen London und Kalkutta für das britische Commonwealth beteiligt.

1870 trat Frischen, einer alten Übereinkunft mit Werner Siemens folgend, in die Dienste der „Telegraphen-Bauanstalt Siemens & Halske“ ein, wo er als Oberingenieur eine leitende Stellung einnahm. Dort entwickelte er die folgenden 20 Jahre Sicherungs- und Signalsysteme für das aufstrebende Eisenbahnwesen. Außerdem war er für die Versuchsfahrten mit dem Elektromote – dem ersten Oberleitungsbus der Welt – verantwortlich.

1877 bis 1881 arbeitete er mit an der Verkabelung des deutschen Telegrafennetzes unter Anleitung des Generalpostmeisters Heinrich von Stephan. Auf der Berliner Gewerbeausstellung 1879 führte er in Moabit die weltweit erste Elektrolokomotive Dynamo-elektrische Eisenbahn vor, eine für das Cottbuser Braunkohlenrevier gebaute Miniaturlokomotive mit rund 3 PS.

Quellen: https://www.deutsche-biographie.de/pnd130262617.html, https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Ludwig_Frischen

Bildquelle: https://www.system-bahn.net/aktuell/150-jahre-wechselstromblockfeld/attachment/pachl_1-2/

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