schriftliche Anfrage  VIII/1112 des Fraktionsvorsitzenden  Alexander Bertram vom 19.02.2020:

Bislang müssen junge Menschen in einer Pflegesituation durch die im SGB VIII festgelegte Kostenheranziehung 75 Prozent ihres Nettoeinkommens an das Jugendamt zahlen.

1. Wie viele junge Menschen sind aktuell in Treptow-Köpenick in einer vollstationären Unterbringung (bitte aufschlüsseln nach Prognoseraum)?

2. Wie viele dieser jungen Menschen werden nach § 94 Abs. 6 zur Kostentragung herangezogen?

3. Wie hoch sind die Einnahmen des Jugendamtes durch die im SGB VIII festgelegte Kostenheranziehung des Nettoeinkommens dieser Jugendlichen?

4. Sieht das Bezirksamt in der aktuell ausgeübten Praxis die Chancengleichheit zwischen Kindern in stationärer Unterbringung und gleichaltrigen Kindern, die sich nicht in einer vollstationären Pflege befinden, gewährleistet?

5. Falls nein, welche Schritte unternimmt das Jugendamt um die Chancengleichheit zu gewährleisten?

 

 

Die Antwort vom Bezirksamt vom 05.03.2020:

zu 1.) Siehe beigefügte Anlage (SchA Vlll-1112 Ant Anlage.pdf)

zu 2.) Bei der Beantwortung wurde auf das Kostenbeitragsjahr 2019 Bezug genommen. Grundsätzlich werden zunächst alle jungen Menschen ab dem 16. Lebensjahr aufgefordert, jährlich ihre Einkommen zur Überprüfung eines Kostenbeitrages nach § 91 ff SGB VIII darzulegen. Von den im Jahr 2019 in einer stationären Jugendhilfe untergebrachten jungen Menschen wurden 66 mit einem an das Jugendamt zu zahlenden Kostenbeitrag gern. § 94 Abs. 6 SGB VIII festgesetzt. Es ist anzumerken, dass 29 junge Menschen hiervon keinem der unter 1. erfragten Prognoseräume zuzuordnen sind, da es sich hierbei um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge handelt.

zu 3.) Die unter Pkt. 3 genannten jungen Menschen entrichteten insgesamt im HHJ 2019  59.009,49 € an Kostenbeitragszahlungen.

zu 4.) Die Chancengleichheit wird hier gewahrt. Auch bei anderen Sozialleistungen werden eigene Einkommen der jungen Menschen der Leistung entgegengerechnet (ALG II, BAB). Darüber
hinaus ist es durchaus auch in elterlichen Haushalten üblich, dass Heranwachsende, sofern sie eigenes Einkommen erzielen, an den in der Familie entstehenden Kosten beteiligt werden -sei es in einer monatlichen Abgabe für die häuslichen Aufwendungen der Lebensführung oder dass die Anschaffung von beispielsweise Bekleidung und Konsumgütern ab Einkommenserzielung aus dem eigenen Einkommen erwartet wird. Sowohl der Lebensunterhalt als auch diese einmaligen Anschaffungen werden im angemessenen Umfang durch den Jugendhilfeträger erbracht, so dass die
Kostenheranziehung gerechtfertigt ist. Da es sich hier um Bundesgesetz handelt, muss das Bezirksamt diese Gesetze umsetzen.

zu 5.) entfällt s.4.

 

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Diskriminierung von Kindern in vollstationärer Unterbringung Alexander Bertram 1112SchAAntwort